Startseite          Impressum/Datenschutz    

Warum geht die Hauptfigur nie aufs Klo?

Von Authentizität in Historischen Romanen

Eine meiner liebsten Guilty Pleasures ist es, mich stundenlang auf den Youtube-Kanälen von Fashionhistorikerinnen zu verlieren und Bernadette Banner oder Karolina Żebrowska dabei zuzuschauen, wie sie die Kostüme von Historienfilmen genüsslich zerreißen. Durch sie weiß ich jetzt, dass Korsetts gar nicht so schlimm wie ihr Ruf sind, dass ein Mann selbst in den schottischen Highlands seine Haare weiß gepudert hätte oder, dass die Hemden im 18. und 19. Jahrhundert so geschnitten waren, dass niemand sie sich vom Leib hätte reißen können.

Sie sind auch der Grund, warum ich keine Filme mehr schauen kann, ohne Stoffe und Schnitte zu analysieren. Ich gebe es zu: Ich bin ein Snob! Ich mag meine historischen Filme und Bücher so nah an der Realität wie möglich. Gebt mir aufwendige Flechtfrisuren, züchtige Dekolletees und wenig Make-up!

 

Aber was ist eigentlich historisch akkurat und warum ist es überhaupt wichtig, dass Bücher und Filme „authentisch“ sind?

 

Sollen uns historische Romane nicht einfach nur für ein paar Stunden entführen? Wen interessiert es dann, ob die Hauptfigur einer Regency-Romanze mit wallenden Haaren durch die Felder auf der Suche nach ihrem Liebsten rennt, wenn sie in Wahrheit eine züchtige Haube getragen hätte?

Mich!

Ich muss das Gefühl haben, dass die Dinge in einem Roman wirklich passiert sein könnten, damit ich mich in ihnen verlieren kann. Und dabei hilft es mir, wenn sich die Figuren im Groben so verhalten wie es die sozialen Regeln ihrer Zeit erforderten und wenn sie Kleider tragen, in denen sie auch im wahren Leben durch die Ballsäle der Regency-Zeit hätten tanzen können.

Natürlich kann ein historischer Roman niemals die Wirklichkeit abbilden. Wie auch? Wir wissen schließlich nicht zu hundert Prozent, was Leute damals getragen haben, wie sie wahrhaftig gedacht und gehandelt haben. Alles was wir haben, sind Quellen aus der Zeit und diese können gar nicht vollständig sein, je weiter die Zeit zurückliegt. Zumal absolute Authenzität auch keinen Spaß macht.

Dann müssten Liebesromane aus der viktorianischen und der Regency-Zeit ihre Anzahl an außerehelichem Sex drastisch verringern, wir müssten unsere Figuren vielleicht bei so belanglosen Sachen wie aufs-Klo-gehen oder auf-Morgenbesucher-warten begleiten. Vielleicht müssten wir dann auch den unendlich langweiligen Gesprächen zuhören, die die Drawing Rooms damals erfüllten.

Romane sind immer ein kreativer Ausschnitt eines Lebens. Wir wollen dramatische Begegnungen im Regen, schicksalsträchtige Tänze, verstohlene Küsse und witzige Dialoge. Und ja: Wir wollen schöne Kleider!

 

Haarhauben, Zähneputzen und Klopausen mögen authentisch sein – aber sie machen (meist) keine

gute Geschichte aus

 

Autor*innen dürfen, nein müssen, sich Freiheiten rausnehmen. In den neuen Regency-Romanzen der Reihe „Der letzte Ball der Saison“ von Leah Hasjak, Dina Beck und mir findet die Handlung zum Beispiel in den ehrwürdigen Almack’s Assembly Rooms in London statt. Uns war wichtig, dass die Eckdaten stimmen. Wir haben die Gastgeberinnen recherchiert, uns Bilder der Assembly Rooms angesehen und Artikel gelesen, um unseren Leser*innen ein möglichst authentisches Bild zu vermitteln. Aber die Realität ist nie so spannend wie wir es gern hätten. In den echten Assembly Rooms gab es zum Beispiel nur Tee und trockenen Kuchen, während in unseren Büchern der Champagner fließt und sich die Tische vor Törtchen und Flusskrebsen nur so biegen.

Ein bisschen Spaß muss sein!

Ob wir schlussendlich einen guten Job gemacht und unsere Leser*innen auf einen „authentischen“ Regency Ball mitgenommen haben, können nur diese selbst entscheiden. Am besten ihr macht euch ein eigenes Bild.

Der letzte Ball der Saison ist ab sofort auf Amazon erhältlich!



Mehr Authenzität gewünscht? Historisch Kurioses gibt’s in meinem Newsletter!

Noch nicht genug? Mehr Blogposts gibt's hier:

Von nassen Hintern zum ins-Bett-einnähen – Die fünf wichtigsten Regency Dating Tipps

Wer kennt es nicht? Da war man nun auf allen Bällen der Saison, hat brav mit den who-is-who-Leuten in ihren Salons gesessen und wässrigen Tee getrunken, war tapfer bei allen Ausflügen und Spaziergängen dabei und dann wurde man endlich – endlich! – belohnt. Ein Objekt der Begierde wurde gesichtet.

Aber wie dieses Objekt an sich binden? Verzagt nicht, liebe Lesende! Folgt einfach meinen fünf Regency Dating Tipps und im Nu steht ihr vor dem Altar!

Gastbeitrag von Dina Beck

Acht typische Klischees einer Regecy-Romanze

Schon wieder ein Duke? Klar! Ohne den geht’s halt nicht. Ehe muss auch sein, oder?
Wer keine Lust hat, beim Lesen der nächsten Regency-Romanze kalt erwischt zu werden, liest sich den Gastbeitrag von Dina Beck durch, ihres Zeichens Expertin für historische Romane und Verfechterin (und Vermeiderin) von Klischees aller Art.